Das dunkle Kapitel der Stadt Baden

    Bei diesen Prozessen kannte man kein Erbarmen: zu Tode gefoltert, ertränkt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt. In der Grafschaft Baden wurden während des 16. und 17. Jahrhunderts zwischen 50–59 Frauen (je nach Quelle) zum Tode verurteilt und in den Gerichtsakten notiert. Die Stadtführung in der Stadt Baden geht diesem Erbe auf den Grund und zeigt tiefe Einblicke in dieses Leid.

    (Bild: Sammlung des Johann Jakob Wick, Zentralbibliothek Zürich) Hinrichtung von drei Hexen am 4. November 1585 in Baden (Schweiz)

    Zwischen 1550 und 1650 war die Hexenverfolgung in Mitteleuropa an ihrem Höhepunkt angekommen. Sie forderte Abertausende von Leben und versetzte die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Die Prozesse waren vor allem geprägt durch Brutalität und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Angeklagten. Grausame Foltermethoden wurden angewandt, da es sich um ein crimen exceptum (Ausnahmeverbrechen) handelte.

    Der Ursprung des Hexenwahns geht bis in das alte Ägypten zurück. In den antiken Hochkulturen von Babylon, Ägypten und Assyrien war man von der Existenz sogenannter Zwischenwesen (Dämonen) überzeugt. Vermeintliche Zauberer wurden auch zu dieser Zeit schon mit dem Tod bestraft, zu gezielten Verfolgungen kam es aber nicht.

    Erst Jahrhunderte später wurde die Hexenverfolgung ein massgeblicher Bestandteil der Gesellschaft. Auch vor Baden machte diese keinen Halt.

    Auslöser der Hexenverfolgung
    Verlässliche Informationsquellen zu den Prozessen und ihren Gründen zu finden, ist schwierig. Auch die Ursachen dafür lassen sich nur schwer erklären und ist für Historiker immer noch ein ungelöstes Rätsel. Eine mögliche Ursache könnten die schwierigen Lebensbedingungen sein, die in jener Zeit stattgefunden haben. Kriege, Krankheiten erzeugten bei der Bevölkerung Angst und Panik. Man fing an, einen Sündenbock zu suchen und so das Böse zu vertreiben. Andere Ursachen könnten jedoch auch gesellschaftswidrige Gründen sein wie Mordlust, Neid oder Rache. Fakt ist aber, dort, wo niedere Gerichte etwas zu entscheiden hatten, war die Hexenverfolgung grösser als sonst wo.

    (Bild: Felix Wey) Der Stadtturm wird bei der Führung «Hexen, Mörder, Dirnen und Brandstifter» von innen besucht und gewährt einen Einblick in die Gefängniszellen.

    «, dass ihr Leib, Blut, Beine und Fleisch zu Asche verbrenne»:
    Ursula Widmer ist eine der Frauen, die in der Grafschaft von Baden dem Hexenwahn zum Opfer gefallen ist. Im Jahre 1543 wird die Frau aus Baden als Hexe zum Tode verurteilt. Laut den Gerichtsakten des Aarauer Staatsarchivs erschien Widmer der Teufel. Vor 18 Jahren sei sie mit dem Teufel zum ersten Male, und zwar ausserhalb der St. Jostenkapelle, zusammengetroffen, er habe von ihr Geld verlangt und sie zuletzt verleitet, ihm in nahen Gehölze zu Willen zu sein.

    Aufarbeitung der Vergangenheit
    Der Schweizer Historiker Otto Sigg beschäftigte sich im Rahmen seines Buches: «Hexenverfolgung der alten Eidgenossen in der Grafschaft Baden», das 2021 erschien, näher mit dem Thema der Hexenverfolgung in Baden. Er bereitete die Originalquellen der Hexenprozesse auf und erzählte die Leidensgeschichte der Verurteilten. Zentral war für Otto Sigg die theologische Aufarbeitung dieser Prozesse und deren Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung Badens. Auch in weiteren Büchern schrieb Otto Sigg über die gestohlene Menschenwürde von gefolterten und häufig schliesslich verbrannten Hexen.

    «Hexen, Mörder, Dirnen und Brandstifter»
    Im Rahmen der Badener Stadtführung «Hexen, Mörder, Dirnen und Brandstifter» hat man die Möglichkeit, sich hautnah dem dunklen Kapitel der Stadt zu widmen.

    Treffpunkt ist auf dem Theaterplatz, während dem Rundgang durch Baden werden die alten Gefängniszellen im Stadtturm besucht und gewähren einen eindrücklichen Einblick. Auch werden die sogenannten «Badener Todbücher» vorgelesen, die nichts für schwache Nerven sind. Die Stadtführung ist schon seit über 10 Jahren Teil des Kulturgutes von Baden und zählt zu einer der beliebtesten Führungen. Die Stadtführung kann über die Webseite der Stadt: deinbaden.ch gebucht werden.

    Lilly Rüdel

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